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Öffentliches Baurecht – Berechtigung zu Beschwerden

19/08/2022
Meetingraum Dr. iur.. Simon Käch - Rechtsanwalt in Muri AG - Fachanwalt SAV Bau- und Immobilienrecht

Praxis zum öffentlichen Baurecht:

Berechtigung zu Einwendungen/Beschwerden bei zusammenhängenden Bauvorhaben

 

Hängen verschiedene Bauvorhaben sachlich und zeitlich eng zusammen, so ist ein Einwender, welcher nur zu einem der Vorhaben einen genügenden Bezug aufweist, auch zur Einsprache und allfälligen Beschwerde gegen die weiteren Vorhaben legitimiert. Eine isolierte Beurteilung der Legitimation könnte ansonsten dazu führen, dass ein Teil der materiell zu koordinierenden Bauvorhaben aus rein verfahrensrechtlichen Gründen abgetrennt würde (BGer 1C_238/2021).

 

Sachlich und zeitlich eng zusammenhängende Bauvorhaben müssen gemäss Art. 25a RPG koordiniert beurteilt werden, wenn zwischen den Vorhaben ein enger betrieblicher und funktioneller Zusammenhang besteht und sie daher eine materielle Einheit bilden bzw. wenn durch eine isolierte Beurteilung der Bauvorhaben eine materiell-rechtlich gebotene gesamthafte Interessenabwägung vereitelt würde. Das Koordinationsgebot (Art. 25a RPG) verlangt eine materielle und soweit möglich formelle Koordination der für die Errichtung oder Änderung einer Baute erforderlichen Verfügungen. Muss die Rechtsanwendung materiell koordiniert erfolgen, ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht der Grundsatz zu beachten, dass das kantonale Recht nicht so ausgestaltet oder angewendet werden darf, dass dadurch die Verwirklichung des Bundesrechts vereitelt, verunmöglicht oder wesentlich erschwert wird (BGE 116 Ib 50 E. 4a mit Hinweisen); die Anwendung des materiellen Rechts ist in solchen Fällen in formeller, verfahrensmässiger Hinsicht in geeigneter Weise zu koordinieren (BGE 137 II 182 E. 3.7.4.1). Der Grundsatz gilt sowohl für das erstinstanzliche kantonale wie auch für das Rechtsmittelverfahren (vgl. E. 1.3.2 hiervor; Urteil 1C_529/2014 vom 13. Oktober 2015 E. 2.4 mit Hinweisen). Andernfalls besteht die Gefahr materiell unkoordinierter, mitunter sogar einander widersprechender Entscheide sowie der Vereitelung des Bundesrechts, was dem Prinzip des Vorrangs des Bundesrechts (Art. 49 Abs. 1 BV) widerspräche und zu sachlich unhaltbaren Ergebnissen (Art. 9 BV) führen könnte (zum Ganzen: BGE 116 Ib 50 E. 4a mit Hinweisen). Zwar haben das ARV/ZG und der Gemeinderat über die drei gleichzeitig eingereichten Baugesuche gleichzeitig entschieden und fand insofern eine Koordination statt. Jedoch wurde den Einsprechern in Bezug auf das Baugesuch betreffend den Standort Freudenberg die Einsprachelegitimation abgesprochen und blieb die entsprechende Baubewilligung in der Folge unangefochten, worauf das Verwaltungsgericht sie in formeller Hinsicht nicht mehr zum Anfechtungsobjekt zählte. Die isolierte Beurteilung der Rechtsmittellegitimation hat vorliegend somit dazu geführt, dass ein Teil der materiell zu koordinierenden Bauvorhaben (jene am Standort Freudenberg) – aus rein verfahrensrechtlichen Gründen – abgetrennt wurde, was die gesamthafte Prüfung und Interessenabwägung, mithin die inhaltliche Abstimmung im Sinne von Art. 25a Abs. 2 lit. d RPG, durch die Rechtsmittelinstanzen beeinträchtigte. Dies ist weder mit dem Koordinationsgebot gemäss Art. 25a i.V.m. Art. 33 Abs. 4 RPG noch mit dem Prinzip des Vorrangs des Bundesrechts gemäss Art. 49 BV vereinbar.

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